Seit Jahrzehnten spielt Ihr Weingut in der österreichischen Topliga. Die Stilistik der Weine hat sich zuletzt etwas verändert. Sie wurden noch präziser, struktur- und herkunftsbetonter. Wie kam es dazu?
Armin Tement: Wir arbeiten täglich an Verbesserungen, versuchen stärker auf die natürlichen Abläufe der Natur einzugehen, diese zu verstehen und in unseren Weinen umzusetzen. Da sind stetige Veränderungen ganz natürlich, denn so können wir uns weiterentwickeln. Das ist quasi unser Motor, der uns ständig antreibt.
Wie reagieren Ihre Kunden darauf und wie ist das Feedback generell?
Armin Tement: Nur dank unserer tollen Kunden können wir einen so individuellen Weg gehen. Wir sind daher sehr dankbar, dass sich so viele von der „Tement-Philosophie“ begeistern lassen. Das Allerschönste ist, zu sehen, wie wir gemeinsam mit unseren treuen Kunden diesen Weg beschreiten. Wir versuchen immer in engem Kontakt mit unseren Kunden zu sein, um einen perfekten Austausch zu haben. Viele unserer Stammkunden kaufen unsere Weine bereits seit drei bis vier Jahrzehnten, sie kennen jede Epoche und sind begeistert von der Entwicklung. Und natürlich können wir auch immer mehr junge Menschen gewinnen. Es ist faszinierend, zu sehen, wie wichtig ihnen individueller Wein, handwerkliche Produktion, biologische Landwirtschaft und der Mensch dahinter ist. Besser geht’s einfach nicht!
Sauvignon Blanc entwickelte sich früh zur Leitsorte Ihres Weinguts. Was fasziniert Sie persönlich an dieser Sorte?
Armin Tement: Mein Vater Manfred setzte schon Ende der 1970er auf diese Rebsorte und glaubte daran, dass Sauvignon Blanc die Leitsorte der Steiermark werden würde. Es gab viele Skeptiker und viele glaubten nicht an ihr Potenzial. Letztendlich hatte er Recht und gottseidank ließ er sich nicht von seinem Traum abbringen. Mittlerweile stehen die steirischen Sauvignon Blancs weltweit in der vordersten Reihe und ich weiß, dass wir noch lange nicht am Ende der Entwicklung sind. Auch wenn die Südsteiermark für ihre außergewöhnliche Sortenvielfalt bekannt ist, für uns kann keine andere Traube die Region besser widerspiegeln als Sauvignon Blanc.
Haben Sie einen persönlichen Lieblingswein oder eine Lieblingslage in Ihrem Sortiment?
Armin Tement: Also die Lieblingsrebsorte ist ganz klar Sauvignon Blanc. Der Lieblingswein ist situationsabhängig, aber eigentlich sind es vier. Sauvignon Blanc „Kalk & Kreide“ ist der ideale Wein fürs „afterwork“ Achterl. Er spiegelt alle unsere Sauvignon- Lagen wider, was ihn einzigartig und besonders vielschichtig macht. Dann gibt’s auch den Gründungswein unseres Weinguts – Sauvignon Blanc Ried Grassnitzberg – den mein Großvater ausgepflanzt hat und mit seiner kühlen Mineralität ein Unikat darstellt. Freilich auch Zieregg, dem man ja mittlerweile Ikonenstatus nachsagt, für uns jedoch der emotionalste Wein ist. Wir wurden hier geboren, leben dort und sind mindestens so tief mit der Riede verwurzelt wie unsere Rebstöcke selbst. Der kleine Bruder aus dem Nachbarland, „Fosilni Breg“ von der Domaine Ciringa, der mit jedem Jahr erwachsener wird, sei auch noch erwähnt, denn die jährliche Entwicklung ist unglaublich und er ist auf dem besten Wege, in die Fußstapfen des großen Bruders Zieregg zu treten.
Sie führen das Weingut gemeinsam mit Ihrem Bruder Stefan und auch Ihre Eltern sind weiterhin im Einsatz. Wo gibt es am ehesten Konfliktpotenzial?
Armin Tement: Wo gehobelt wird, fallen auch Späne. Wir leben und lieben die Individualität und möchten daher all unsere Charakterzüge zulassen. Freilich sind wir nicht immer alle einer Meinung, aber die gemeinsame Energie und Kraft in unser Weingut zu legen ist ein einzigartiges Gefühl. Der Zusammenhalt unserer Familie – zwischen meinem Bruder, meinen Eltern und meiner Frau – ist ohne Zweifel unsere größte Stärke und darauf bin ich wahninnig stolz.
Die Lese 2021 ist nun abgeschlossen. Sind Sie zufrieden?
Armin Tement: Die Ernte 2021 war unfassbar schön, wir konnten sehr reife Trauben ernten und blicken auf ein intensives Weinjahr zurück. Heuer ging alles so schnell, die Qualitäten waren einfach perfekt. Wir mussten einfach nur „runterschneiden“. Das hat allen extremen Spaß gemacht. Die Moste gären spontan – also natürlich – und zeigen bereits sehr vielversprechende Nuancen. Jetzt beginnt für sie aber das Stadium der Ruhe, denn wir geben ihnen die nötige Zeit, um in den Fässern zu reifen. Egal wie turbulent und stressig der Alltag auch ist, der Keller ist der Rückzugsort, ein Ort der Ruhe und Harmonie.
Gibt es derzeit neue Projekte am Weingut?
Armin Tement: Bei uns gibt es immer neue Projekte (lacht). Zum einen haben wir vor zwei Jahren mit dem Projekt „Ried Grassnitzberg Terrassen“ begonnen, einem neuen Weinberg auf der besten Stelle des Berges. Das ist unser sogenanntes „Generationenprojekt“. Zum anderen werden wir unsere Vinothek erweitern. Vor 15 Jahren haben wir begonnen, reife Weine auf den Markt zu bringen. Anfangs hat sich die Begeisterung der Kunden in Grenzen gehalten, aber mittlerweile können wir hier gar nicht mehr alle Wünsche erfüllen.
Vielen Dank für das Gespräch!