Der nächste Tag beginnt mit einem Frühstück im beschaulichen Ort Stellenbosch, der immerhin eine Weinuniversität zu bieten hat. Hier dominiert prächtiger holländischer Kolonialstil architektonisch das Stadtbild. Außen wird der Ort jedoch von Slums gesäumt, die offen auf die zwiegespaltene Gesellschaft hinweisen. Ein Besuch beim Weingut Hartenberg steht auf dem Programm. Es liegt direkt an der Bottelary Road auf der anderen Straßenseite von Stellenrust. Carl Schultz, der großgewachsene 60-jährige, zeigt mir sein Schmuckstück von einem Weingarten rund um das Weingut. Am obersten Ende werden gerade Trockensteinmauern errichtet, Unikate in Südafrika. Besonders stolz ist er auf seinen Keller, bei dem es sich um den größten unterirdischen Keller Südafrikas handelt. Vielleicht begründet dieser kühle Keller sogar den überaus kühlen Stil von Hartenbergs Syrah-Weinen, die stilistisch sehr viel näher an der Rhône als an Barossa liegen.
Von Hartenberg sind es nur sechs Kilometer bis Simonsig. Der Name des Weinguts ist angelehnt an den des gewaltigen Simonsbergs (1.399 Meter), der hinter dem Weingut alles überragt. Im Gegensatz zu Hartenberg sieht es hier eher wie in einem Museum aus. Zum Weingut mit langer Geschichte gehört ein hübsches Besucherzentrum, in dem altertümliche Weinbaugegenstände und Kutschen auf die lange Tradition verweisen. Frans Malan war der Begründer der flaschenvergorenen Schaumweine aus Südafrika, der Methode Cap Classique (MCC). Die Familie wird heute durch die dritte Generation vertreten, François- Jacques, Christelle und Michael Malan.
Erfrischt durch die neuesten Kaapse Vonkel Schaumweinjahrgänge von Simonsig geht es weiter in Richtung Norden. Nach ein paar Kilometern weist eine große Kanone auf der rechten Seite schon auf das nächste Weingut hin: Kanonkop. Der Name geht auf jene Kanone zurück, die im 17. Jahrhundert vom Simonsberg abgefeuert wurde, wenn ein Schiff in den Hafen einfuhr. Heute betreiben Johan und Paul Krige das Weingut und ich bin zu einem Snoek Braai eingeladen, einem südafrikanischen Makrelen-Barbecue. Das Wohnhaus mit Besucherzentrum liegt direkt neben dem Weingut. Im Garten hinter dem Haus befindet sich eine grüne Oase, die in diesem heißen September eine kühle Erfrischung gewährt. Die Oase wird durch ein kleines Bächlein gespeist. Am archaischen Grill wird bereits Rebholz zu Glut verbrannt, während mir Johan Krige Pinotage Rosé als Aperitif einschenkt. Er repräsentiert die vierte Generation des Pinotage-Pionierweinguts. Neben Pinotage ist hier die Bordeaux-Cuvée „Paul Sauer“ der Hauptdarsteller. Sauer leitete das Weingut in zweiter Generation und war einer der legendären Pioniere des südafrikanischen Weinbaus. Seinen noch immer unverändert erhaltenen Verkostungsraum im Keller des Hauses betrete ich mit viel Ehrfurcht. An den Wänden finden sich Originalzeichnungen von Paul Sauer und viele angestaubte Flaschen in alten Holzregalen – ein Raum aus einer anderen Zeit. Der Snoek, ein weißfleischiger Fisch aus der Makrelenfamilie, schmeckt übrigens köstlich. Er passt am besten zum leichteren Pinotage „Kadette“.