Italiens Schaumweine
Im Land der Bollicine

Autorin: Daniela Dejnega
Ganz Italien ist verrückt nach „bollicine“, den feinen Bläschen im Glas. Und das beschränkt sich keineswegs auf Prosecco – im Gegenteil: Die Vielfalt an Herkünften und Stilen beim italienischen Schaumwein ist gewaltig. Ganz besonders erfreut die qualitative Entwicklung in den Regionen Trentino, Venetien, Piemont, Lombardei und Emilia-Romagna.
Empfehlungen

Prosecco – immer noch ein Muss!
Prosecco ist bei Deutschsprachigen so beliebt, dass sein Name nach wie vor gern als Synonym für jeden prickelnden Wein verwendet wird. Das ist für informierte Schaumweinfans natürlich ein No-Go, denn sie wissen, dass Prosecco ausschließlich aus Norditalien (Venetien und Friaul-Julisch- Venetien) stammt und aus der dort heimischen Rebsorte Glera gekeltert wird.
Prosecco steht für Leichtigkeit, feine Frucht und vergnügliche Frische. Diesen unkomplizierten Charakter verdankt er der Herstellung im Tankgärverfahren nach der Méthode Charmat. Bei dieser, in Italien „Metodo Martinotti“ genannten Methode, findet die zweite Gärung in einem Drucktank statt und schon nach wenigen Monaten kommt der Prosecco auf den Markt. So bleibt die Primärfrucht im fein prickelnden Prosecco erhalten.
Die höchste Qualität kommt aus seinem historischen Kerngebiet: Conegliano Valdobbiadene DOCG. Hier keltert das Haus Nino Franco feinsten Prosecco Superiore Brut, ein Spumante von beispielhafter Eleganz. Ca’ di Rajos Prosecco Spago hingegen ist ein Frizzante, da er etwas weniger Druck in die Flasche bringt; angesichts seiner zarteren Perlage wird er ganz traditionell mit Korken und Schnur verschlossen.
Trentodoc – Metodo Classico mit alpiner Frische
Zu den beliebtesten Bollicine Italiens zählen auch die Schaumweine aus dem Trentino, die „Trentodoc“ heißen und hierzulande noch als Insider-Tipp gelten dürfen. Wie Champagner und Franciacorta entsteht auch Trentodoc ausschließlich durch Klassische Flaschengärung. Seine Identität erhält er durch die besondere Höhenlage der Weingärten in der von den Dolomiten geprägten Landschaft. Bis auf 800 Meter reichen die Weinhänge hinauf. Chardonnay und Pinot Nero sind die wichtigsten Sorten, lediglich Pinot Bianco und Meunier sind ebenfalls zugelassen.
Ausprägte Frische, ein kühler Charakter und aromatische Klarheit zeichnen einen Trentodoc aus. Er verbringt mindestens 15 Monate auf der Hefe, ein Millesimato mindestens 24 Monate. Einer der Qualitätspioniere des Trentodoc ist Pisoni, ein Familienunternehmen, das 1852 als Grappa-Destillerie gegründet wurde und sich bereits seit den 1970er-Jahren auch flaschenvergorenen Schaumweinen widmet. In dem kühlen, in den Fels gehauenen Keller werden die Flaschen bis heute händisch gerüttelt. Pisonis gering dosierter Blanc de Blanc Brut ist ein mustergültiger Trentodoc von 100 Prozent Chardonnay.

Alta Langa – Geheimtipp aus dem Piemont
Das Piemont zieht neuerdings auch in Sachen Schaumwein alle Register. Die junge Alta Langa DOCG (seit 2011) setzt voll und ganz auf Hochwertigkeit, ihre Regeln sind teilweise strenger als jene der Champagne. Erlaubte Sorten sind Chardonnay und Pinot Nero, jeder Alta Langa ist ein Millesimato, also ein Jahrgangsschaumwein, Handlese ist Pflicht und die Mindestlagerzeit auf der Hefe vor dem Degorgement beträgt sage und schreibe 30 Monate.
Im Piemont, wo der Einfluss Frankreichs immer spürbar war, wurde im frühen 19. Jahrhundert übrigens der allererste Metodo Classico Italiens hergestellt und um 1850 begann man rund um den Ort Canelli Pinot Noir auszupflanzen. Derzeit beschränkt sich die Rebfläche für Alta Langa auf etwa 450 Hektar in den Hügeln der Provinzen Alessandria, Asti und Cuneo, in den kommenden Jahren soll sie auf 600 Hektar anwachsen. In Italien selbst sind die „Alte Bollicine Piemontesi“ bereits ungeheuer beliebt, so schafft es nur ein kleiner Teil in den Export, doch die internationale Nachfrage boomt. Alta Langa DOCG steht für Struktur, Cremigkeit und Lagerpotenzial. San Silvestros durch Frische gekennzeichneter Alta Langa Albare’ im Stil „Zero Dosage“ bringt die Kühle der höheren Lagen im Piemont wunderbar zum Ausdruck.
Franciacorta – der Klassiker aus der Lombardei
Die Geschichte von Franciacorta als Schaumweinherkunft begann in den 1960er-Jahren, seit 1995 besitzt das Gebiet südlich des Lago d’Iseo den DOCG-Status. Heute genießt Franciacorta den Ruf, der edelste aller italienischen Schaumweine zu sein. Inspiriert von der Champagne geht es hier ausschließlich um die Klassische Flaschengärung (Metodo Classico) und zugelassen sind Chardonnay sowie Pinot Nero, die sich auf den kalkreichen Böden wohlfühlen. In geringem Ausmaß sind auch Pinot Bianco und die lokale Sorte Erbamat vorhanden. Das Reglement für die Herstellung ist streng: So beträgt die Mindestlagerzeit auf der Hefe 18 Monate, bei Jahrgangs-Franciacorta (Millesimato) sind es 30 Monate und eine Riserva braucht mindestens 60 Monate Flaschenreife.
Dass Franciacorta keine Champagner-Kopie ist, sondern seine Eigenständigkeit gefunden hat, zeigte sich zuletzt immer deutlicher und gilt besonders für die Schaumweine der Geschwister Federico und Silvia Stefini, die 2012 ein über 300 Jahre altes Weingut übernahmen – „1701“ weist auf seine lange Geschichte hin. Von Anfang an arbeiteten die beiden biodynamisch und machten 1701 zum ersten Demeter-zertifizierten Betrieb der Franciacorta. Ihre Schaumweine erhalten grundsätzlich keine Dosage und stehen gebietstypisch für Komplexität, Struktur, elegante Hefigkeit.

Lambrusco – unterschätzt und überraschend
Mit Lambrusco verbinden viele nur einfache, süße Perlweine, doch hinter der traditionsreichen Schaumweinherkunft in der Emilia-Romagna verbirgt sich deutlich mehr. Hinter Lambrusco stecken diverse lokale Lambrusco-Rebsorten – die drei wichtigsten sind: Sorbara, Grasparossa und Salamino. In der Regel wird Lambrusco nach dem Tankgärverfahren hergestellt und wird je nach erwünschtem Stil mit mehr oder weniger Restsüße ausgestattet; sein Alkoholgehalt ist immer moderat. Die Vielfalt reicht vom dunklen, tanninhaltigen Lambrusco Grasparossa di Castelvetro bis zum hellen, rosafarbenen Lambrusco di Sorbara, den seine knackige Säure und seine Leichtfüßigkeit prägen. Als fruchtigfrischer Rosé steht er derzeit hoch im Kurs und fällt besonders positiv auf, wenn er wie bei Paltrinieri im Stil eines Pet Nat nach der Metodo Ancestrale bereitet wird. Paltrinieris Radice Rosé steht für einen modernen, eigenständigen Zugang zu Lambrusco und ist ein fröhlicher und doch anspruchsvoller Vertreter mit herrlichem Trinkfluss.