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Hintertürchen zum Paradies

Hintertürchen zum Paradies

Klingers spitze Zunge

Willi Klingers spitze Zunge grau breit

Wie Schlaue noch günstig Burgund trinken 

Irgendwann macht es im Leben von strebsamen Weininteressenten „Klick“, und von da an ist Burgund die Benchmark der Genüsse. Auslöser kann zum Beispiel der erste Schluck eines reifen Chardonnays von der Côte de Beaune sein, sofern er nicht von einer Seuche namens „Premox“ befallen ist. Damit wird vorzeitige Alterung aufgrund von unkontrollierter Oxidation beschrieben („premature oxidation“), ein Phänomen, das die Reputation der burgundischen Weißweinelite von Montrachet bis Corton-Charlemagne in den 90er Jahren einigermaßen ramponiert hatte. Beim Rotwein wurde ein 1985er Romanée-Saint-Vivant der Domaine de la Romanée-Conti für mich zur Initialzündung. So einen komplexen Wein mit einem derart vielschichtigen Bouquet, das zwischen Weichseln und Himbeeren changierte, während sich darunter eine ungekannte, leicht animalische Tiefe auftat, hatte ich bis dahin nicht für möglich gehalten. Auch der 98er Echézeaux aus dieser berühmten Domäne, den ich immerhin sechs Mal trinken konnte (und nicht nur verkosten), war in seiner floralen Finesse immer ein unvergessliches Erlebnis. Der vielgepriesene La Tâche hingegen, von dem ich natürlich auch tolle Jahrgänge in Erinnerung habe, brachte sowohl 1985 als auch 1998 eine herbe Enttäuschung: oxidiert der Erste, mit einem unangenehmen Reduktionston in der Nase der Zweite. Beide kosten heute dennoch über € 4.000,– die Flasche. Hier zeigt sich die ganze Problematik dieser legendären Weinregion, die mir vorkommt, wie ein Paradies mit tausend Fallen oder, wie es unlängst ein Weinfreund im Wiener Slang auf den Punkt brachte: „Burgund is a Hund!“. Nirgends sonst kann man um so viel Geld in den „Gatsch“ greifen, wie bei den Ikonen der Côte d’Or zwischen Dijon und Chagny.

Der zweite Aspekt dieser Tragödie ist die Tatsache, dass selbst dann, wenn die großen Weine der berühmten Weingüter so sind, wie sie sein sollen – also Weltklasse –, das freudige Erlebnis für die meisten Weinfreunde außer Reichweite ist. Die Preise sind in den letzten Jahren ins Aberwitzige gestiegen, was daran liegt, dass von den burgundischen Grands Crus nur ein Bruchteil der Menge der Premiers Grands Crus von Bordeaux produziert wird, während die Nachfrage unter jenen, für die es scheinbar keine Limits gibt, weltweit offenbar unerschöpflich ist. Für den Romanée-Conti der gleichnamigen Domäne, aber auch für den Musigny von Roumier sind somit gut € 20.000,– für die Flasche fällig. Müssen wir Normalsterbliche daher einem gepflegten Burgundererlebnis für immer entsagen? Die gute Nachricht ist: Wer suchet, der findet abseits der großen Namen gerade in den letzten Jahren herrliche Rising Stars und bei diesen den einen oder anderen Wein zu vertretbaren Preisen, der in der Oberliga mitspielen kann. Damit meine ich Dorflagen und Premiers Crus von € 60,– bis 200,– und Grands Crus von € 250,– bis 400,–. Ein besonderes Vergnügen bereitet mir die Jagd nach feinen Burgundern unter € 60,–, ein Unterfangen, das durch eine Reihe von positiven Faktoren begünstigt wird.

Da wäre zuerst der Klimawandel zu nennen, ein Phänomen, das zumeist mit negativen Konnotationen und vielen Problemen assoziiert wird, zum Beispiel Mengeneinbußen durch Spätfrost oder Hagel wie erst vor wenigen Tagen wieder. Da werden Erinnerungen an 2021 oder 2016 wach, in einer Phase, als nach zwei guten Erträgen 2022 und ’23 die Preise gerade im Sinken waren. Aber gerade in Burgund führt die Erderwärmung dazu, dass die Karten generell neu gemischt werden und Lagen oder Teilgebiete zunehmend bessere Weine hervorbringen, die historisch zu den gegenüber den Grands Crus benachteiligten Terroirs zählten, also doch wieder die kühleren Zonen. Daher legen wir bei WEIN & CO vermehrt Augenmerk auf die Hautes-Côtes, Weinberge oberhalb der Côte de Nuits und der Côte de Beaune. Sie liegen im Schnitt 100 Meter höher als die Grands Crus, liefern aber unter den neuen Klimavoraussetzungen im Gegensatz zu früher regelmäßig vollreife Trauben mit einer frischen, aber ausgereiften Säure. Das gilt sowohl fürWeiß- als auch für Rotweine. Daher sind wir besonders stolz auf unsere Neuzugänge, die Domänen Hoffmann-Jayer und Billard, die Weingärten sowohl an der Côte d’Or als auch in den Hautes-Côtes bewirtschaften.

Eine gute Strategie für feinen Burgunder zu günstigen Preise ist die Suche nach den besten Weinen unter den weniger bekannten Villages, die oft auch unter den Sammelbezeichnungen „Côte de Nuits Villages“ oder „Côte de Beaune Villages“ vermarktet werden. Der „Côte de Nuits Villages Vieilles Vignes“ von Chopin und der Queue de Hareng von Jean-Michel Guillon sind die heißesten Tipps unter diesen versteckten Perlen. Aber auch Dörfer wie Saint-Aubin, Saint-Romain, Monthélie, Ladoix haben manchen Wein zu bieten, der das Herz der Burgunderfans höherschlagen lässt. Meine zwei Lieblingsweine aus dieser Gruppe sind der Santenay 1er Cru Maladière von Prieur-Brunet, von dem wir noch eine Palette aus dem Superjahrgang 2020 ergattern konnten und der Marsannay aus der Monopollage „Clos des Portes“ von Top-Aufsteiger Jean-Michel Guillon. Ausgerechnet Marsannay gleich südlich von Dijon, das man früher höchstens für Rosé geeignet hielt, bringt heute auf seinen besten Lagen ein Qualitätsniveau, das so manchem Gevrey-Chambertin Premier Cru die Stirn bieten kann. Die günstigsten Preise haben natürlich die einfachen Gebietsweine unter der Bezeichnung Bourgogne AOC und bieten beachtlichen Chardonnay (z. B. Domain Michelot oder Simonnet-Febvre) und Pinot Noir (Confuron-Gindre und Jean-Michel Guillon) zwischen € 18,– und € 37,–. Eine interessante Nische ist der weiße Bourgogne Aligoté mit seiner zitronig-mineralischen Frische, der im Ort Bouzeron an der Côte Chalonnaise eine eigene Village-Appellation mit der Domaine de Villaine, dem Heimathaus von Aubert de Villaine, als Top-Adresse gefunden hat. Irgendwann möchten wir Burgundernarren aber dann doch auch einmal einen Grand Cru aufmachen, ohne uns finanziell zu ruinieren. Dann schlägt die Stunde für die „Günstigen“ unter den Großen: Clos de Vougeot und Mazis-Chambertin von Jean-Michel Guillon, Echézeaux und die reifen Charmes und Chapelle-Chambertin von Bouchard Père & Fils sowie die weißen Corton-Charlemagnes von Pierre Girardin und Julien Gros liegen noch unter € 400,–. Wer jetzt denkt: „Das geht ja noch!“, sollte umgehend auf weinco.at gehen. Ja, ich weiß: Wir haben auch einen Montrachet um € 1.090,– …

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von Willi Klinger