Herr Loimer, 2006 stiegen Sie auf Biodynamie um, 2007 riefen Sie gemeinsam mit anderen Winzern den Verein „respekt-BIODYN“ ins Leben. Wie kam es dazu?
Loimer: Es ist die Neugier, die ich in mir sitzen hab’. 2003 war so ein einfacher und schöner Jahrgang, dass die Frage bei mir aufkam, was man noch tun könnte, um diese Qualität zu erzeugen. Ein Freund brachte mich auf die Biodynamie. Ich suchte einen Berater und fand 2005 Andrew Lorand, einen Amerikaner, der in Philadelphia Agrar-Ökonomie und Biodynamie studiert hat. Als wir dann nach der Ernte zusammensaßen, habe ich mich spontan dazu entschieden umzustellen, einfach weil er meine Neugier so geweckt hatte und ich mich mit ihm sicher gefühlt habe. Da ich noch nie übermäßig konventionell war, fiel der Umstieg nicht zu hart aus. Sehr schnell haben wir aber feststellen müssen, dass es ohne Kontrolle nicht geht. Weil wir einen besseren, fruchtbaren Weg darin sahen, als eigenständige, reine Weinbaugruppe zu agieren, haben wir beschlossen, eine eigene Zertifizierung zu entwickeln, dies wurde dann respekt-BIODYN.
Wie, denken Sie, wäre Ihr Wein, wenn Sie nicht biodynamisch arbeiten würden? Lässt sich Biodynamie denn erschmecken?
Loimer: Bei Wein ist es immer ein bisschen schwierig zu vergleichen, jeder hat eigene Vorlieben und einen anderen Fokus. Aber ich glaube schon, dass aufgrund der Trauben und vor allem durch die andere Weintechnologie im Keller ein deutlicher Unterschied zu merken ist. Ein Grundprinzip der Biodynamie ist für mich die sogenannte „Hofindividualität“ – das heißt, wir versuchen, Wein zu produzieren, ohne Betriebsmittel von außen zuzukaufen. Das geht natürlich nicht zu 100 Prozent, aber das Meiste kann man durchaus aus Ressourcen seines eigenen Hofs schöpfen. Konventionell ist man immer auf Maximierung aus, auf höchstmöglichen Zuckergehalt bei höchstmöglicher Säure. Im Biodynamischen ist man dagegen stark auf Ausgleich fokussiert. Ausgeglichenes Wachstum bedeutet eine bessere Harmonie in den Inhaltsstoffen der Traube. Wir haben sehr oft etwas weniger Zucker, dafür ist der Geschmack ein in sich geschlossener, balancierter. So hat man eine deutlich höhere Aromendichte und -tiefe. Das ist für mich der große Unterschied, auch zu meinen früheren Weinen.
Langenlois ist ja die Sekt-Hochburg Österreichs, und auch Sie haben Winzersekt im Sortiment. Wie sind Sie auf den Sprudel gekommen?
Loimer: Indem ich quasi aus der Not eine Tugend gemacht habe. Es war mein erster oder zweiter Ertrag von einem Pinot-Noir-Klon, der reich tragend ist, das hatte ich damals übersehen und im Jahr 1991 einen unglaublichen Mengenertrag. Die Trauben waren für Rotwein nicht zu verwenden, da sie zu viel Säure und zu wenig Zucker hatten. Da sie aber super gesund waren, habe ich beschlossen, meinen ersten Sekt aus ihnen zu machen, einen Blanc de Noirs aus 100 Prozent Pinot Noir. Der ist ziemlich gut geworden, also haben wir das einige Jahre weiterverfolgt und auch Chardonnay mit in die Cuvée genommen. Als kleiner Betrieb hatte ich damals jedoch nicht die Möglichkeiten von heute. Inzwischen hat sich der Markt geändert, nun geben Winzersekte die Qualität vor. Da wir die Technologie bereits hatten und uns auskannten, haben wir 2011 und 2012 den Grundwein gemacht, 2013 arbeiteten wir bereits mit professioneller Unterstützung aus Burgund und Champagne.
Im Herbst gehen Ihnen viele flauschige Hilfsarbeiter am Weinberg zur Hand. Was hat es mit den Schafen in Ihrem Weinbaubetrieb auf sich?
Loimer: Eines der Grundkonzepte der Biodynamie ist, dass man Anleihe bei der Natur nimmt. Die Entstehungsgeschichte der Natur ist die Geschichte von Pflanze und Tier im Einfluss von Erde und Kosmos, das lässt sich nicht wegdiskutieren. In der modernen Landwirtschaft hat man begonnen, zu spezialisieren und Pflanze und Tier zu trennen, was zu mächtigen Problemen geführt hat. Biodynamie besagt, dass Pflanze und Tier zusammengehören. Für uns war das anfangs eher unvorstellbar, aber schließlich beschlossen wir doch, Schafe zu halten. In Gobelsburg, zwei Kilometer entfernt, gibt es einen Landschaftspflege-Hof, der mit Schafen die Überschwemmungsflächen des Kamptals beweidet. 2007 haben wir dort angefragt, ob sie unsere Weingärten beweiden wollen. Um das Verhältnis ein wenig zu festigen, habe ich ihm dann 20 Schafe abgekauft, das war der Beginn unserer Herde. Die Seele der Tiere im Weinbau zu haben, das ist der biologisch-dynamische Ansatz. Der praktische Nutzen ist, dass wir uns so nach der Ernte einen Mulch-Vorgang sparen, da die Schafe eine perfekte Pflege der Grünflächen betreiben und zur Vielfalt im Weingarten beitragen.