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Ist der Wein immer noch eine Männerdomäne?

Ist der Wein immer noch eine Männerdomäne?

Die spitze Zunge

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WEIN & CO hat den März zum Monat der Winzerinnen erklärt. Deshalb ist dieser Weinblick ganz den Frauen gewidmet. Und darum müssen Sie auf Willi Klingers beliebte „Spitze Zunge“, die normalerweise an dieser Stelle erscheint, noch bis April warten. Stattdessen darf ich meine Gedanken zum Thema „Frauen in der Weinwelt“ mit Ihnen teilen. Als Weinexpertin, die den Wein schon vor über 20 Jahren zu ihrem Beruf gemacht hat, habe ich dazu nämlich jede Menge Erfahrungen gesammelt. Wie oft war ich die einzige Frau in einer größeren Verkostungsrunde! Und ja, allein deshalb könnte ich von so einigen unerfreulichen Begebenheiten – von Mansplaining über simples Ignorieren bis zu Hepeating – berichten. Doch diesen patriarchalischen Verhaltensweisen begegnen Frauen auch in anderen Branchen. Daher erzähle ich Ihnen jetzt lieber, wie die männlich geprägte Weinszene vor Kurzem dafür sorgte, dass ich mich tatsächlich für Österreich schämte.

Da ich Weinjournalistin bin, werde ich mitunter zu wirklich tollen Veranstaltungen eingeladen. Im Dezember 2023 besuchte ich im Rahmen von „Arlberg Weinberg“ gemeinsam mit einer Gruppe von internationalen Kolleginnen und Kollegen den höchst beeindruckenden, mit unzähligen Großflaschen bestückten Weinkeller der „Hospiz Alm“ am Arlberg. Nach der Kellertour und der Verkostung von zwei sehr feinen Bordeauxweinen im neuen „Wine Dome“ ließen die Gastgeber zum Abschluss Musik in ohrenbetäubender Lautstärke erklingen: „It’s a Man’s Man’s Man’s World“ von James Brown. Völlig fehl am Platz. Unsere Gruppe bestand fast zur Hälfte aus Frauen, allesamt Fachexpertinnen, die sich einigermaßen irritierte Blicke zuwarfen oder die Augen verdrehten. Wollte man uns damit sagen, Frauen seien hier fehl am Platz? Oder handelte es sich um pure Gedankenlosigkeit? Ich tippe auf letzteres, was das Ganze nicht besser macht. Als Vertreterin des österreichischen Weinjournalismus war mir die Sache in erster Linie peinlich. Neben mir stand ein Kollege aus Dänemark, der kopfschüttelnd meinte: „You know, in Denmark something like this just could not happen.“ War mir klar. In Österreich hingegen schon, zumindest in den erzkonservativen Teilen unseres Landes, wo offensichtlich immer noch kein Gedanke daran verschwendet wurde, dass die Weinwelt vielleicht doch nicht allein den Männern gehört.

Ja, obwohl sich in den vergangenen 20 Jahren wirklich viel verbessert hat, gibt es noch reichlich zu tun. Frauen, die in der Weinwelt Karriere machen, sind immer noch recht selten, es sei denn sie arbeiten in Marketing, PR oder Verkauf – in diesen Bereichen wird ihnen schon länger einiges zugetraut. Aber wie viele Weinkritikerinnen zum Beispiel kennen Sie? Natürlich, Jancis Robinson. Aber sie ist eine Ausnahmeerscheinung, die zudem seltener ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückt, da sie bei ihren Bewertungen viel weniger mit hohen Punkten um sich wirft als manche ihrer männlichen Kollegen. Dennoch hat sie als Master of Wine (seit 1984) mit ihrer Expertise die internationale Weinwelt geprägt.

Auch bei den Winzerinnen gab es lange Zeit nur ein paar wenige, die sich behaupten konnten und die Verantwortung für ein Weingut übernahmen. Eine von ihnen ist Elisabetta Foradori, die bereits 1985 das Weingut ihres Vaters im Trentino, übernahm und der Sorte Teroldego im Alleingang neues Leben und neue Klasse einhauchte. Ihr „Granato“ wurde zum Kultwein. Außerdem bewies Foradori früh, wie hervorragend sich Weine in Amphoren ausbauen lassen und dass Pinot Grigio viel spannender ist, wenn man ihn mit den Schalen vergärt. So bin ich schon lange ein großer Fan ihrer biodynamisch produzierten Weiß- und Rotweine. Mittlerweile leitet ihr Sohn Emilio das Weingut, doch Elisabetta Foradori bleibt jene Ausnahmewinzerin, die das Trentino nachhaltig prägte. Überhaupt gibt es in Italien überraschend viele einflussreiche Weinfrauen. Auch das Weinimperium Antinori – weltberühmt für die Supertuscans Tignanello, Solaia und Guado al Tasso – wird mittlerweile von Piero Antinoris Töchtern geführt. An der Spitze steht Albiera Antinori, die unter anderem die Qualität der facettenreichen Chianti Classico Riserva in neue Höhen klettern lässt.

In Österreich rückten zuletzt ebenfalls immer mehr Winzerinnen in den Vordergrund. Ihre Präsenz in der Öffentlichkeit nimmt deutlich zu und in punkto Weinqualität stehen sie den Männern ohnehin um nichts nach. Eine der Pionierinnen ist Birgit Braunstein, die 1995 das elterliche Weingut in Purbach übernahm. Die Weine der überzeugten Biodynamikerin strahlen ungeheure Lebensfreude aus, besitzen viel Charme und passen (schon lange) perfekt in den Zeitgeist von Lebendigkeit und Trinkfluss. Dorli Muhr, eine der bekanntesten Weinfrauen Österreichs, gründete in den frühen Neunzigern die Agentur Wine+Partners und wurde 2002 auch Winzerin in Carnuntum. Zu einer Zeit, in der Konzentration, Dichte und Kraft die gefragtesten Attribute im Wein waren, verschrieb sie sich ganz jenem eleganten und leichtfüßigen Rotweinstil, der heute immer mehr Menschen begeistert. Ihr Blaufränkisch vom Spitzerberg zählt zweifellos zur absoluten Topliga in Österreich.

Frauen in der Weinwelt – sie werden immer sichtbarer und immer wichtiger. In einer Verkostungsrunde war ich nun schon länger nicht mehr die einzige Frau. Wein wird täglich weiblicher. Und das macht die Weinwelt einfach spannender.

– Daniela Dejnega

Autorin bei WEIN & CO und Chefin des Gault&Millau Weinguides Österreich

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